Und ewig grüßt Bochum

Bochum, dank des Schauspielhauses eine kleine kulturelle Perle des Ruhrgebiets, dessen Bekanntheit spätestens mit Peter Zadek als Intendant über die engen Stadtgrenzen hinausdrang. Auch ein gewisser Sänger trug seinerzeit mit dazu bei. Ebenfalls trug jener Herbert mit dazu bei, dass sich der ortsansässige VfL ein Lied als Hymne kulturell aneignen konnte. Das alles sowie die Anzahl von begleiteten Auswärtsspielen sorgt dafür, dass einem alles so angenehm vertraut vorkommt. Der Weg zum Stadion, zum kulinarisch überschätzten Bermudadreieck, zur Hopfendolde vis a vis vom Bahnhof, wo man schnell die Zeit vergisst, alles zigmal gegangen. Kein Bundesligaspielort hatte das Vergnügen, häufiger Unioner empfangen zu dürfen.

Am Bahnhof ist die Anzahl der Gepäckfächer der Größe der Stadt angepasst. So reisen erfahrene BochumfahrerInnen mit extra leichtem Gepäck oder wenn das aus nachvollziehbaren Gründen unmöglich ist, weicht man auf ein Hotel in Bahnhofsnähe aus. Diese sind auf die Situation eingestellt und  lassen für ein überhöhtes Entgelt die Rucksäcke im Gepäckraum auf einen warten. Mögen Dank und Fluch sie gleichermaßen treffen.

Aus irgendeinem unerfindlichen Grund neigen Restaurants außerhalb Berlins oft dazu, nachmittags oder gar erst am frühen Abend zu öffnen. So ist die Auswahl der kulinarischen Etablissement kleiner als es die Vielfalt unserer Gruppe es braucht. Wo die einen Variationen von dem gästebefördernden Gewerbe zugeschriebenen Tellern probieren, zieht es andere in vorgeheizte Innenräume. Die georderten Burger sind tatsächlich sehr lecker und halten sich mit maximal 19 Euro fußballromantisch an die Regel “Kein Zwanni für nen…”. Ich weiß nicht, ob ich es schon mal erwähnt habe, aber Burgermachen ist nicht kochen.

Mit diesem vermaledeiten Gefühl von Vertrautheit fahren wir zum Stadion. Nicht nur die in den letzten Wochen entstandene Situation, sondern auch das Wissen um vergangene Spiele, lässt unsere Zuversicht nicht überborden. Aber da war dieses Spiel gegen Real. Eine grandiose Führung, ein noch grandioserer Ausgleich schwangen noch in unseren Herzen. Ließen uns in die schwach glimmende Glut Hoffnung pusten.

Doch es gibt neben dem Spiel auch abseits des Rasens Wichtiges, das einer eigenen Haltungsbekundung bedarf. Und manchmal ist es eben Schweigen. Und so sollte es 12 Minuten still sein im Stadion, um so gegen den Einstieg von Investoren in die Bundesliga Stellung zu beziehen. Das schien sich leider nicht im gesamten Ruhrstadion so herumgesprochen zu haben. Es bedurfte einiger gepfiffener Ermahnungen aus dem Gästeblock. Am Ende des zeitlichen Dutzend flogen noch güldene Schokotaler und Tennisbälle auf den Rasen. Die sich daraus ergebende Unterbrechung schien nicht allen auf dem Spielfeld gleich gut bekommen zu sein. Konnte man sich in den ersten zwölf Minuten einer gewissen Ausgeglichenheit zuneigen, war es danach ein klassisches Unionspiel der vergangenen Saisons, sehr physisch und aggressiv, dem Gegner, die Lust am Spiel nehmend – Terrorfußball – “at it’s best” eben.

Dumm nur, dass die Mannschaft, die das machte, keine Uniontrikots trug. So ereignete sich, wie gefühlt alle Jahre, Vertrautes in Bochum – Union spielte schlecht und verlor. Ziemlich ernüchtert verließen wir das Ruhrstadion und mischten uns, anfänglich noch von der reichlich bereitgestellten Ordnungsmacht (Heim-EM, ick hör dir trapsen!) getrennt, dann unter die froh abziehenden VfLer. Diese sind, so sehr sie, wie wir auch, im Stadion abscheuliche Dreckasis sind, außerhalb aber weitgehend wirklich nette, aufgeschlossene Menschen.

Da die Bahn in NRW grad verstärkt versucht, angehäufte Infrastrukturschulden abzubauen, indem sie reichlich baut, gestaltet sich die Rückreise aufregender als das Spiel zuvor. Die schon häufiger erwähnten korrespondierenden Verspätungen fügen es, dass es mit den Anschlüssen etwas weniger knapp wird, wie im Spiel zuvor auch.

Zur üblichen nachmitternächtlichen Stunde kommen wir in Berlin an und eines ist sicher, ich zumindest werde solange nach Bochum fahren bis Union den ewig-während erscheinenden Kreislauf aus miserablen Spielen durchbricht und denen die Trübnis der rußigen Schächte von Zeche Dickebaeckerbank ins Stadion bläst oder meine Füße mich nicht mehr tragen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert