Bei Allesfahrer Frank* zu Gast

In den noch nicht grauenden Morgen hinein zum S-Bahnhof Adlershof zu kommen, wenn die S-Bahn Ersatzverkehr übt und die Straßenbahn (ja, es heißt Straßenbahn und nicht das andere Wort da) dies seit längerem auch schon so macht, ist nicht einfach. Aber dank der schönen neuen Welt kann man sich einfach ein auf der Straße stehendes Auto nehmen und leise surrend durch die endende Nacht gleiten.

So, mehr als rechtzeitig, am Treffpunkt angekommen, kann man die noch übrig gebliebenen Erscheinungen einer Nacht in der Großstadt erleben. Nicht bei allen ist auf Anhieb zu erkennen, wer in den Tag geht oder aus der Nacht kommt. Einzig, der auf dem Fahrrad sitzende Typ mit dem regungslosen Gesicht, der sich eine Meter hohe Aktivbox auf den Rücken geschnallt hat und damit der Szenerie um den Stadtrandbahnhof Adlershof lautstark Großstadtflair zu verleihen sucht, wirkt ein wenig befremdlich an diesem Ort. Denn wie einst Christus nur bis Eboli kam, schaffte es die Berliner Clubszene von der Gentrifizierung motiviert bis jetzt nur bis Niederschöneweide. Allen Umstehenden ist er mehr oder weniger, getreu der einzig noch heute akzeptablen preußischen Tugend, wonach jeder nach seiner Fasson selig werden solle, keine Reaktion wert. Dem Dönermann in seiner fensterlosen Bude, gleich links neben der Treppe, ist es ebenso egal, von ihm bekommt jeder ein Guten Morgen entgegen gestrahlt. Ganz sicher auch mit merkantiler Intention, aber selbst ein  Börek ist für diese frühe Stunde zu gehaltvoll.

Der gemietete Sprinter schrumpfte zu einem Vito. Da wir aber als Gruppe wegen gesundheitlicher Ausfälle auch geschrumpft sind, haben alle ausreichend Platz. So gleiten wir frohgemut gen “Unten Mitte”. Das Morgengrauen wird von einer aufsteigenden Röte zu einem ganz ansehnlichen Tagesblau. Die traditionelle PP** in Frankenwald wird auch, ebenso traditionell, zum Rauchen genutzt. Einige Störungen im Verkehrsfluss später, sind wir im Hopplaland. Die Landschaft hügelt sich schon vertraut so dahin. Felder, kleine Wäldchen, Orte und Örtchen reihen sich recht und links aneinander bis das Ziel erreicht ist. Nur noch durch das sehr belebt erscheinende Heidenheim, ah, da ist die Burg. Sightseeing erledigt. Etwas abseits des Stadions einen Parkplatz gefunden, der uns die Möglichkeit zu etwas die Muskeln lockernder Bewegung gibt.

Zu Asche, zu Staub…

Der Einlass ist noch weniger spanisch als erwartet, aber die Kappe lüften muss sein. Während einige Verantwortungsbewusste sich noch mit Kartenübergabe ihre Zeit vertreiben, sind die mehr hedonistisch Veranlagten schon im Block der Voith-Arena. Ja, Arena. Bei dem Wort hat man die großen Tempel der sportlichen Unterhaltung im Sinn. In der ursprünglichen Bedeutung des Wortes jedoch sollte überall mehr Sand im Spiel sein. Das ist im Laufe der Jahrhunderte aber verloren gegangen. Lediglich die Idee der ringsum ansteigend angeordneten Zuschauerplätze hat sich erhalten. So kann auch das kleinste Stadion der Liga trotz Rasens in der Mitte eine Arena sein.

Der Gästeblock ist angemessen klein und bietet üblicherweise eine gute Sicht. Es gibt zwei Stände für Getränke und Essen. Die Wurst sah geschmackvoller aus als manch selbst gekostete. 

Es scheint guter Brauch zu sein, einen Neuling in der Bundesliga, so er denn würdig ist, mit reichlich Rauchwerk zu begrüßen. Würde die Menge des gezündeten Materials einen Rückschluss auf den Respekt zulassen – alter Schwede…

Jedenfalls, eines vorweg ich mag Pyroshows, auch wenn ich mittendrin stehe, gehe ich davon aus, dass Hohenwutzen auf Jahre hinaus leer gekauft ist. Nach der ersten Welle von Rauchtöpfen und Bengalos habe ich das erste Mal in meinem Leben mir den Mund mit Bier ausgespült. Dann glimmten bis zum Spielende immer wieder hier und da vereinzelt noch welche auf. Für meine Atemwege waren es dann doch ein, zwei zu viel.

Und weil Beste der beste Freistoßschütze war, gab es statt Jubel, Trubel, Heiterkeit unionisch-trotzige Aufmunterung und staubige Klamotten. Vor der Rückfahrt stand noch das kulinarische Highlight “Brenzstüble” an. Ein bunter süddeutscher Crossovermix an Speisen mit österreichischen und italienischen Anleihen wird uns angeboten. Dazu Bier. Umringt von nicht nur Unionern, sondern auch einiger Heidenheimer möchte man angesichts des Ergebnisses, mit der uns eigenen Arroganz der Großstadt, zurückpöbeln. Aber verdammte Hacke –  dann sind die auch noch nett zu uns. Viel Lob gab es für die Pyro und die Stimmung. Artig gratulierten wir zu dem Sieg, der natürlich gerade in seiner Höhe komplett unverdient war. Die eigene Kost gereicht zu bekommen, schmeckt besonders bitter. 

Auf der Rückfahrt wird die K-Frage diskutiert. Und die Rollen könnten kaum verdrehter sein, unsere zu kassandrischen Prognosen neigende Mahnerin ist weniger pessimistisch als die, die sonst mit der weißglühenden Pfanne rumrennen.

Zu einer Zeit, wo der Nacht noch nicht die Dunkelheit ausgeht, kommen zu unserem ersten Halt, wieder in Adlershof, an. Wir trennen uns nur kurz bis Dienstag – Mehrfachbelastung, alter Freund, willkommen zurück.

* bezieht sich auf eine Podcastfolge des Millernton – VdS/NdS, in der Frank Schmidt zu Gast war.

** Pullerpause

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