Grenzenlos durch Europa – Zweiter Teil

Von Unionern und Anderen – ein skandinavisches Intermezzo

6.10.22, Eleda-Stadion Malmö, 0:1

Wenn einem mitten in der Berliner Herbstnacht Seemannslieder und ein gewisser Klaus S. in den Sinn kommen, dann geht die anzutretende Reise mit größter Wahrscheinlichkeit in den maritimen Norden unseres Kontinents. Sammelpunkt war an der auditiv berlinweit weltbekannten Landsberger. Ein schöner großer Haufen traf sich dort und sortierte sich zu einem Pulk aus erst zwei und ab Oberkrämer drei Autos. Und so brausten wir dahin dem Morgengrauen entgegen. Und diesmal sahen wir es auch wirklich mit dem weiten Blick, den das platte Land erlaubt. Pünktlich im Überseehafen angekommen standen wir in einer schönen Schlange Reisender mit mehrheitlich rotweißen Reisemotiven. So stop-and-go’ten wir zum Check-in-Schalter und fuhren in den stählernen Bauch der “Mecklenburg-Vorpommern”.

Einen Tisch kapern ist eine sehr komfortable Sache, weil es für so eine große Gruppe wie der unsrigen einen idealen Anlaufpunkt bietet. Die weitsichtigeren unter uns hatten sogar Kabinen gebucht. In bester Berliner Schlafburschentradition wurden diese von mehr Schlafbedürftigen genutzt als ursprünglich vorgesehen. Wer sich auf die See wagt, muss sich natürlich bevorraten, das hatten wir reichlich. So verbrachten wir die 6 Stunden essend, trinkend, ruhend, an Deck rauchend und quatschend die Überfahrt. Auch wenn die Ostsee beim Auslaufen kurz mal andeutete, wozu sie fähig sein kann, glitten wir auf sanften Wogen gen Trelleborg. Weniger sanft war die Geräuschkulisse. Einige Unioner bewiesen eine erstaunliche Frühform und es kann an dieser Stelle nur eine Frage geben: Wissen Sie, wie lang es schon “Die Flippers” gibt?

Wer es nicht weiß, der sollte für diese Unwissenheit drei Rosenkränze für Wumme beten. Und so fuhren wir bei Sonnenschein in den Hafen von Trelleborg ein. Der wenig romantisch wie ein übergroßer Parkplatz daherkommt. Das Unromantische ist natürlich sehr praktisch, besonders wenn dort Autofahrer anlegen. Das Zauberwort um den schwedischen Sesam zu öffnen, war “Football” [bei Kontrolle der Grenzpolizei anm.d.R.].

Von Trelleborg nach Malmö ist nur ein Katzensprung. Unsere Reisegruppe zerfaserte bei der Einreise. Während die einen gleich zum Hotel fuhren, wählten die anderen den zentralen Treffpunkt Lilla Torg um in den Besitz der weißen Regenjacken zu kommen. Dass diese abwaschbar sind, wird sich noch als Vorteil erweisen, angesichts der Flecken, die wir noch bekommen werden. Im Hotel mit größter Eile frisch-machen und dank der Gästekarte in der Auswärtskluft zum Stadion. Wir laufen natürlich, ein wenig Malmö schnuppern.

Am Eleda-Stadion

Eine schöne Schlange Wartender erlaubt einen Blick auf das erst 2009 fertiggestellte Stadion. In der Kapazität ist dem schönsten Stadion ähnlich. Aber das Verhältnis von Sitz zu Stehplätzen ist reziprok zu dem unsrigen. Mit unterschiedlich intensiver Kontrolle, je nach dem, ob man in den Gäste- oder Heimbereich wollte, in den Block kommen und Grobi ist natürlich schon da. Ob er Erster war?

Damit sind wir bei dem, auf dem Spielfeld stehenden Elefanten gekommen, Man kann ja schlecht etwas zum Spiel schreiben ohne die Vorkommnisse zu erwähnen. Malmö FF hatte eine sehr schön anzuschauende Choreo und eine gesanglich anspruchsvolle Hymne.

Ich fand Union nicht schlecht im Spiel, aber mit der europa-typisch zu sein scheinenden Tor-Ineffizienz. Eine Erkenntnis, die mir im Spiel kam, war die Bedeutung von Robin Knoche für die Verteidigung von Union. Mit Robin hätten die Eintrachtler es deutlich schwerer gehabt. Im übrigen werde ich ihn nur noch “Notsche” nennen, so wie er vom schwedischen Stadionsprecher angesagt wurde.

Zu dem, was dann geschah und die sportlichen Schlagzeilen überschattete, ist schon viel gesagt und geschrieben worden. Für tiefer gehende Einsichten verweise ich auf die beiden Texte im Textilvergehen von Daniel und Sebastian, die das sehr gut einordnen. An dieser Stelle nur, es ist inakzeptabel, dass Pyro die Hand verlässt, auf dem Spielfeld und in anderen Blöcken landet. Und da man Böller und Raketen nicht in der Hand halten kann, bedeutet, das diese Dinger in einem Stadion nichts, aber auch gar nichts zu suchen haben.

Nach Wiederaufnahme des Spiel kam Union trotz Unterzahl bärenstark zurück und es gelang das erste Tor, welches dank in einer abgezockten Art und Weise über die Zeit gebracht. Damit war der erste Sieg in der Europa-League perfekt.

Beeindruckt von Geschehnissen im Stadion waren wir alle der Ansicht, dass es klüger wäre Taxis oder Uber zu buchen, um sicher zum Hotel zu gelangen. Das ist allen gelungen und der Hotelbar beschenkt es einen umsatzreichen Abend. Losgelöst von den Ereignissen könnte man wieder einer tibetanischen Gebetsmühle gleich von Verkehrskonzepten salbadern. Nach den Erfahrungen etlicher Bundesligaspiele und einiger europäischer kann man die Verhältnisse an der Alten Försterei eigentlich nur als paradiesisch bezeichnen. Deutlich nach Mitternacht löst sich die rot-weiße Belagerung der Hotelbar langsam auf.

Freitag zurück

Am nächsten Morgen beim Frühstücksbuffet gibt es das skurille Bild, dass Unioner und schwedische Polizei gemeinsam in einer Schlange stehen. Mit einem Strandspaziergang runden wir den Malmöaufenthalt sehr beschaulich ab. Dank des Windes ist die Luft klar und die Öresundbrücke gut zusehen. Wir sortieren uns wieder zu unseren Autogruppen und machen uns unterschiedlich zügig auf den Weg zur Fähre.

Zu “Ten Forward” hat es nicht gereicht und vielleicht sollte es auch nur Raumschiffen vorbehalten bleiben. Aber wir hatten zwei grandiose Tische in “Nine Forward” mit Blick in Fahrtrichtung. Die verbliebenen Vorräte werden auf den Tischen verteilt und eine entspannte Seereise liegt vor uns. Nach ausführlichen Gesprächen über Fußballgötter und die Welt laufen wir in Warnemünde ein.

Da auch bei der Rückkehr keine Kapelle am Kai steht und uns ein Ständchen bringt, machen wir das kurzerhand selber, damit Rostock weiß, “Hurra, hurra, Unioner sind wieder da…” Jetzt schnell noch über die Autobahn nach Berlin gerauscht und 48 Stunden europäische Auswärtsfahrt gehen zu Ende. Unbestritten eine der beeindruckendsten Fahrten, weil wir als Fanclub wieder ein schöner Haufen waren, weil der maritime Weg sehr einzigartig war und weil Union sein erstes Europaleague-Spiel gewonnen hat. Es ist schon auf anderen Wegen gesagt worden, aber ein großer Dank geht an unsere Fahrer Christoph, Marcel und Ronny, die uns sicher hin und zurück brachten. Habta echt jut jemacht!

Und aller Respekt für unsere beiden Stuttgartfahrer. Wir anderen sehen uns alle am Donnerstag zu Malmö, die zweite.

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