Manchmal braucht es einen bürokratischen Paukenschlag, damit sich etwas bewegt im Elfenbeinturm des deutschen Profifußballs, der DFL. Das Bundeskartellamt hat den Taschenrechner zur Seite gelegt und das getan, was wir Fans seit Jahren mit Leidenschaft, Protest und Stimme fordern: Es hat die 50+1-Regel unter die Lupe genommen und festgestellt, was für uns eigentlich längst offensichtlich ist: Einige Clubs leben diese Regel nur auf dem Papier, während sie in der Realität systematisch unterlaufen wird. Endlich zieht diesbezüglich auch eine offizielle Stelle sowas wie eine gelb-rote Karte.
Die DFL wirkt inzwischen weniger wie der Hüter des Wettbewerbs, sondern eher wie ein schlecht getarnter Funktionärs-Fanclub für Geldgeber. Um Fans und DFL in der jüngeren Geschichte zu unterscheiden: Für die einen rollt der Ball, für die anderen der Rubel. 50+1 ist kein sentimentales Überbleibsel von FußballromantikerInnen. Es ist eines der letzten (mehr oder weniger) intakten Bollwerke gegen einen vollständig durchkommerzialisierten Profifußball. Zustände wie in England, wo Klubs zu Spielzeugen von Oligarchen, PR-Abteilungen von Staaten oder Hobbyprojekten von Öl-Milliardären verkommen.
Und was passiert hier?
Wir erinnern uns alle noch gut, dass es eigentlich nur ein paar hundert Tennisbälle, Schokotaler, Fahrradschlösser oder ferngesteuerte Autos mit Rauchtöpfen dran benötigt, um einen avisierten Investoren-Deal zum Platzen zu bringen. Daher müsste auch im Elfenbeinturm der DFL angekommen sein: Wir Fans sind keine zahlenden Statisten fürs Fernsehbild. Wir sind Teil des Spiels. Und wir haben eine Stimme.
Während sich einige Vereine bemühen, 50+1 zu leben, schaffen andere Schlupflöcher, dehnen die Regeln oder ignorieren sie gleich ganz. 50+1 ist aber kein Wunschkonzert für Großkonzerne. Es ist der Garant dafür, dass die Macht im Verein bei den Mitgliedern und den demokratisch gewählten Gremien liegt.
Warum 50+1 bleiben muss? Weil es sonst kein „unser Verein“ mehr gibt:
- Schutz vor kurzfristigem Profitdenken
- Wahrung der Vereinsidentität und -kultur
- Mitbestimmung durch Mitglieder statt Einflüsterung von Geldgebern
- Fairer Wettbewerb statt finanzieller Wettbewerbsverzerrung
- Nachhaltigkeit statt Abhängigkeit von Investoren
- Schutz vor politischer oder wirtschaftlicher Einflussnahme von außen
- Glaubwürdigkeit und Nähe zu den Fans
Die Liste ließe sich fortsetzen. Und sie zeigt eines ganz klar: 50+1 ist nicht das Problem – es ist der Schutz vor einem ganz anderen Problem.
Die DFL hat zu lange zugesehen, weggeschaut oder weggerechnet. Jetzt ist der Moment zum Handeln.Wer 50+1 nicht einhalten kann oder will, darf sich gerne einen anderen Sport suchen. Vielleicht gründet man die Monopoly – Brettspiel-Liga sponsored by , denn da zählen Geld und Grundstücke mehr als alles andere.
Unsere Botschaft ist glasklar: 50+1 muss bleiben. Und es muss gelebt werden – konsequent, kompromisslos, ohne Schlupflöcher.
Und immer dran denken: Irgendwann kommt vielleicht auch der beste Investor mal unter blöden Umständen auf die Schlossallee von wem anderen, wo dummerweise auch noch ein Hotel drauf steht. Der Investor geht dann pleite, zieht seine „Du kommst aus dem Gefängnis frei“-Karte, aber dein Verein geht dafür nie wieder über Los.